Heimat ist, wonach wir uns sehnen – und wo wir doch immer schon gewesen sind. Die Romantik hat in ihren Anfängen diese paradoxe Sehnsucht zum Zentrum ihrer philosophischen und dichterischen Überlegungen gemacht. Nicht die Erinnerung an einen verlorenen Ort, mit dem Wunsch, diesen wieder zu erlangen, sondern das romantische Heimweh als ein „Trieb, überall zu Hause“ sein zu wollen, zeichnet den modernen Menschen aus. Heidegger hat diesen berühmten Satz des Novalis umgekehrt: „Ein solcher Trieb kann Philosophie nur sein, wenn wir, die philosophieren, überall nicht zu Hause sind.“ Die Grundstimmung des Philosophierens ist Melancholie. Denken macht traurig, weil das Vertraute hinter dem Erkennenden liegt. Wohl deshalb ist die Literatur bis in unsere Tage bemüht gewesen, diesen Verlust der Geborgenheit zu kompensieren. „Alles, was die großen Dichter singen und sagen, ist aus dem Heimweh erblickt und durch diesen Schmerz ins Wort gerufen.“ (Heidegger, 1955) Der Vortrag wird zeigen, dass der Begriff der Heimat ein mythisch aufgeladener Begriff ist, der aus der deutschen romantischen Dichtung stammt und im „postfaktischen Zeitalter“ des politischen Populismus falsch interpretiert wird.